Tössscheidi

An diesem Ort fliessen die beiden Bäche Vorder- und Hindertöss zusammen, welche ganz in der Nähe entspringen. Später fliesst dieser Fluss durch das Tösstal und Winterthur, bevor er in den Rhein mündet. Die Gegend ist geprägt durch steile, markante Nagelfluhfelsen. Kein Wunder, fühlt sich hier rund um den Tössstock schon seit langer Zeit eine Gemsenpopulation wohl.

Ich habe wieder mal das Bedürfnis nach tollen und anspruchsvollen Trails, genug vom rumdüsen auf den Hometrails. Schon letzte Saison habe ich mir auf meiner grossen Tösstalrunde zwei neue Abfahrten gemerkt. Eine davon verspricht fahrtechnisches Abenteuer.

Ich parke beim Skilift in Ohrüti. Jetzt locker hinauf zur Strahlegg, Sennhütte und Tierhag bis zur Schindelberghöchi. Der Aufstieg ist zwar gut befahrbar, aber extrem steil. Locker war nur die Wunschvorstellung. In dieser Gegend gibt es ausschliesslich das Wort „steil“, egal ob aufwärts auf Strassen oder abwärts auf Trails.
Ziel ist der Dägelsberg, welcher ich immer sehr gerne besuche. Mir gefällt dieser schmale Bergrücken. Die Stimmung mit den Bäumen ist wunderbar und die Abfahrt im ersten Teil einfach Klasse. Im Aufstieg muss das Bike jedoch über die Treppen und Wurzeln geschultert werden.
Hier oben sind auch die Selbstauslöserfotos entstanden.

Das erste Mal geht es vorbei an der Tössscheidi. Die Rampe hinauf zur Wolfsgrueb ist wieder brutal steil. Auf der Scheidegg erklimme ich mit geschulterten Bike die Brandegg, bevor es in den ersten neuen Trail geht. Auf der Krete führt der Pfad in die Tiefe. Genial. Oft flowig, dann ist er gespickt mit vielen technischen Leckerbissen in Form von Wurzeln, Treppen und Steilheit.

Bei den ersten Höfen gelange ich auf die Strasse. Schon bald führt mich diese wieder aufwärts, zuerst auf Asphalt, dann auf Kies. Ganz am Schluss muss ich das Bike noch Richtung Dürrspitz schieben. Bei Überzütt war ich heute schon einmal.
Vor mir ragt einer dieser vielen begrasten Hügel in den Himmel, der Hüttchopf. Wer sein Bike liebt, der schiebt … heisst es doch so schön. Ich finde es lohnt sich, diese Hügel zu besteigen. Sie haben einen ganz speziellen Charakter, nebst der Aussicht über das Umland.

Ich geniesse die Ruhe, die Einsamkeit bei einer kleinen Pause. Dann kommt ein junges Paar meine geplante Abfahrt hoch. Ich frage nach dem Zustand, da es von unten nach vielen umgestürzten Bäumen aussah. Ja, diese hat es, aber sie sind gut zum übersteigen.
Ich packe es, das Abenteuer. Über die Wiese geht es der Falllinie vom Hüttchopf runter. Dann ist der Trail sichtbar. Wow, richtig mein Ding. Ich verschwinde im Wald. Ein paar Spitzkehren bevor der teils sehr schmale Pfad quer durch den steilen Hang führt. Konzentration ist gefragt. Bei der Abzweigung zweifle ich einen kurzen Moment an meinem Vorhaben. Weit unten ist die Tössscheidi zu sehen, quasi direkt unter mir. Es gäbe einen Alternative, aber diese spare ich mir für ein anderes Mal auf. Hinunter ins Ungewisse. Kehre um Kehre wird bezwungen und ich meistere auch die anderen technischen Herausforderungen. Fehler verzeiht der Trail meist nicht, der Hang ist extrem steil und der Weg oft sehr ausgesetzt. Bei den quer liegenden Baumstämmen kann ich gut darübersteigen und bei zwei Kehren möchte ich nichts riskieren.

Das war heute wie gewünscht richtiges Fahrtechniktraining. Zudem pures Krafttraining für die Beine.
Rund um die Tössscheidi gibt es technische und mentale Herausforderungen wie in den Alpen. Ein echt tolles Gebiet, aber an vielen Orten nur für versierte Biker. So ist meine letzte Abfahrt nicht zur Nachahmung empfohlen.

Ich rolle durch das wilde Tal zurück zum Ausgangspunkt. Ein Besuch der Tössscheidi lohnt sich unbedingt, auch wenn man keine riskanten Trails sucht.

Distanz: 27.8 km
Höhenmeter: 1’252 hm
Bike: Liteville 301 Mk14

Die Distanz stimmt nicht ganz. Es waren wahrscheinlich etwas mehr. Mir ist das Garmin Edge 820 plötzlich ausgestiegen. Erst nach mehrmaligem Reset konnte es wieder zum Leben erweckt werden.

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