Augstbordpass

Heute muss ich früh aus den Federn. Ich bekomme Besuch von Sven, um hier im Wallis ein gemeinsames Abenteuer zu erleben. Mein Bike hängt bereits am Postauto in Visp. Aber wo bleibt Sven? Die Schweizer Eisenbahn hat Verspätung. Na gut, das Bike muss wieder vom Bügel runter. Wohl oder übel nehmen wir den nächsten Kurs, eine Stunde später. Dafür reicht die Zeit für einen schnellen Kaffee.

Der gelbe Bus bringt uns in einer langen Fahrt hoch zur Moosalp. Für die bekannte Crèmeschnitte wäre es wohl etwas zu früh am Morgen. Bei der Tourenauswahl hat Sven den Vorschlag vom Augstbordpass gemacht. Dieser stand schon lange auf meiner Liste. Aber irgend wie hatte ich immer etwas Respekt davor. Umso mehr freue ich mich auf diesen Übergang vom Mattertal ins Turtmanntal, und dass ich dazu eine Begleitung habe.

Die Strecke über die Alp Läger ist bekannt, die ersten kräftezehrenden Aufstiege ebenso. Wir haben den Taleinschnitt erreicht. Jetzt geht es nur noch aufwärts. Der erste Teil ist knapp fahrbar, bis der Pulsschlag nicht mehr höher getrieben werden kann. Ich schiebe ein Stück, wechsle dann wieder auf den Sattel. Bis zur Augstbordstafel wäre es im Prinzip fahrbar, aber eben nur im Prinzip. Voraussetzung ist ein riesiges Lungenvolumen und unendlich Kraft.

Spätestens ab hier beginnt der Fussmarsch. Dieser zieht sich enorm in die Länge. Wie doch auf der Landeskarte alles so kurz und einfach ausschaut. Wir geniessen die Landschaft. Je mehr wir gegen das Talende kommen, umso karger wird diese. Schliesslich beherrschen nur noch Steine das Bild der Umgebung.

Erstaunlicherweise sind wir nicht alleine hier. Einige Wanderer und auch eine Gruppe Biker haben dasselbe Ziel. Der Augstbordpass liegt auf einer Höhe von 2’893 m.ü.M. Nicht nur Berggipfel, auch Pässe haben seinen eigenen Charakter. Der Blick auf zwei Seiten, in zwei Täler ist ein Teil vom Lohn für die Strapazen. Der andere Teil vom Lohn wird hoffentlich noch folgen 😁

Eine Pause muss sein, auch ein Passfoto, bevor es in die ungewisse Abfahrt geht. Was wird uns wohl erwarten? Die ersten Meter sind steinig, rutschig und steil, jedoch fahrbar. Dann folgt eine Querung vom Hang durch ein Geröllfeld, wo wir die Bikes nochmals tragen müssen. Hier handelt es sich aber wirklich nur um ein sehr kurzes Stück. Dann haben wir das Gefühl, dass die Abfahrt bereits zum fulminanten Schlussfeuerwerk startet. Der Trail rockt gewaltig, ist teils flüssig, dann wieder gespickt mit Stellen die unseren Übermut zügelt. Dieses Feuerwerk will nicht enden. Vorbei geht es an der Alp Grüobu, bis wir Gruben unter uns entdecken. Schliesslich stehen wir beim Hotel und können es nicht glauben. So eine Abfahrt hätten wir nie erwartet, sie ist der Hammer, so wie ich es liebe. Wie heisst es so schön, die besten Trails müssen hart erarbeitet werden. In unserem Fall mit einer sehr langen Tragestrecke.

Die Wolken im Turtmanntal werden immer dunkler. Die ersten Tropfen fallen. So schnell wie möglich aus dem wilden Tal. Ein paar Trailmeter, ein paar Asphaltmeter, dann wieder schmale Pfade. Bei Oberems sind die dunklen Wolken weit hinter uns. Wir halten die Höhe bis zur Alp Asp. Diesen Downhill möchten wir noch einbauen. Die Trailsicherungen sind bei uns durchgebrannt. Der Foto bleibt in der Tasche. Unsere Gedanken sind nur noch in der Abfahrt. Die Höhenmeter werden fast senkrecht vernichtet. Diese Abfahrt ist schon fast eine Freeridepiste, ganz anders als der ursprüngliche Trail vom Augstbordpass. Zwei richtige Gegensätze, aber beide haben seinen Reiz.

In Agarn könnten wir das Wallis umarmen. Das war ein Abenteuer der lohnenswerten Art. Für uns bleibt auf dem Rückweg der Rhone entlang nach Visp etwas Zeit um uns vom Erlebten zu erholen.

Sven, es war Spitzenmässig. Danke für deine Begleitung. Bis zum nächsten Mal 😉

 

Distanz: 56.0 km
Fahrzeit: 4:30 h
Höhenmeter: 1’289 hm
Downhillmeter: 2’675 dm
Bike: Liteville 301 Mk11

 

2 Gedanken zu „Augstbordpass“

  1. ja, mit so einer riesencremeschnitte im bauch hätten wir wohl den langen aufstieg kaum geschafft *g*
    bin immer wieder dabei für solche abenteuer und wenn dann noch so eine abfahrt auf einem wartet, hüeru güet 🙂

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