kein Samba mehr auf dem Brasilianer

Val-de-Réchy-Bild

 

Val-de-Réchy-Karte

Es ist im Dezember 2015 auf der Fahrt ins Wallis. Aus dem Autoradio ertönt das Regionaljournal Bern/Wallis von SRF1. Das Val de Réchy ist eines der letzten natürlichen Täler im Wallis mit Moorlandschaft und ohne Stausee und Strassen. Es wird daher unter Naturschutz gestellt. Ok, da habe ich nichts dagegen. Schliesslich bin ich ein grosser Naturliebhaber. Dann spitzen sich meine Ohren. In diesem Gebiet ist jegliches Befahren der Wege verboten. Dies gilt auch für Mountainbiker. Ups. Und das wird im Radio extra noch speziell erwähnt.
Ich bin im Wallis eingetroffen. Mein erster Griff geht zur Landkarte. Wo ist dieses Val de Réchy? Hoppla, es ist dieses Tal, das von Vercorin bis in den Talkessel von Louché führt. Jeder Biker der den berühmten Brasilianer abgefahren ist, kennt dieses Tal.

Es ist kein Geheimnis mehr, dass mein Blog auch im Wallis gelesen wird. So erstaunt es mich nicht, dass Anfang Februar eine Nachricht über mein Kontaktformular eintrifft. Absender ist der Verantwortliche von Fahrrad- und MTB-Routen VALRANDO.

„Kommentar: Guten Tag. Das obere Val de Réchy wurde 2015 zum Naturschutzgebiet erklärt. Das Fahrrad und Mountainbike fahren ist deshalb hier verboten. Vielen Dank, dass Sie im Interesse der Natur diesen Entscheid respektieren. …..“
Beigelegt war der Link zu diesem Entscheid mit Karte.

Kurzerhand habe ich mich mit einem Retourmail gemeldet und um genauere Infos bezüglich dem Bikeverbot und dessen Begründung gebeten. Erhalten habe ich die Kontaktdaten von der Dienststelle für Wald und Landschaft. Gut, melde ich mich direkt am Puls des Entscheides. Und? Eine Antwort habe ich erst nach dem Erscheinen dieses Artikels erhalten. Ganz unten findest du die Erläuterungen.

Hand aufs Herz, es gibt wohl keinen handfesten und plausiblen Grund für ein Bikeverbot. Wir Biker benutzen wie die Wanderer die bestehenden Wege. Anstelle von Wanderschuhen haben wir einfach ein Bike als Fortbewegungsmittel und Kontaktfläche zum Boden. Der Grund sind die Moorlandschaften bei L’Ar du Tsan und Le Louché. Jene bei L’Ar du Tsan kenne ich nicht. Die bei Le Louché habe ich mit dem Bike durchquert. Nach dem Col de Louché hat es beim See keinen durchgehend festen Weg. Da stellt sich nur die Frage, ob wir mit den Reifen dem Moor mehr schaden zufügen als die Abdrücke der Wanderschuhe. Nach dem Moorgebiet zum Col de Cou besteht wieder ein gebauter und fester Wanderweg. Es geht also um ein paar Meter. Eine Lösung wäre, mit markierten Pfosten den Weg besser und genauer zu signalisieren und so die Beeinträchtigung von Wanderern und Biker in Grenzen zu halten. Die Strecke durch das Moor quasi zu kanalisieren.
Interessant dabei ist aber, dass nur das Flachmoor L’Ar du Tsan (blau in der Karte) explizit erwähnt wird und das Gebiet Le Louché nicht.

Schade, dass eine gute Idee vom Schutze der Natur immer so extrem und unnötig umgesetzt werden muss. Diese Regelung wird in Zukunft in diesem Gebiet bestimmt mehr Konflikte auslösen.
Konkret heisst dies für uns Biker, dass die Strecke von Grimentz über den Col de Louché nicht mehr fahrbar ist. Der direkte Anstieg zum Col de Cou sollte weiterhin machbar sein. Bis zum Punkt 2203 ist die Strasse ausserhalb vom Sperrgebiet. Zum Punkt 2184 bewegt man sich auf der Grenze, also in einer Grauzone. Danach muss das Bike geschoben werden. Der eigentliche Aufstieg ist sowieso nicht fahrbar. Daher kann man das Verbot auf dieser Route knapp umgehen und akzeptieren.

Alles halb so schlimm? Jein. Der direkte Aufstieg zum Brasilianer bleibt also aus meiner Sicht erhalten (obwohl er entlang vom Flachmoor L’Ar du Tsan vorbei führt). Ob dies die zuständigen Amtsstellen auch so sehen, bleibt offen.
Für mich ist jedoch die Variante über den Col de Louché viel attraktiver. Trotz grosser Anstrengung, lohnt sich ein Besuch der wunderschönen Natur im hinteren Teil vom Val de Réchy. Biken ist für mich nicht nur Abfahrtsspass, sondern auch Naturerlebnis. Und genau das wird mir hier verboten.

Zu erwähnen gibt es vielleicht noch, dass die landwirtschaftliche Nutzung mit Einschränkungen erlaubt ist. Ganz erlaubt bleibt das Jagen und Fischen. Solche Entscheide stossen bei mir sauer auf. Es zeigt, wie wohl überall in der Schweiz, wer die grössten Einflüsse in den entscheidenden Amststuben hat. Und aus dieser Sicht ist auch das Bikeverbot nicht überraschend.

Mein Beitrag zur Tour über den Col de Louché und durch das Val de Réchy findest du hier.

Und hier nochmals den Kartenausschnitt mit eingezeichneten Bikerouten, wie sie bis anhin gefahren wurden.

 

Val-de-Réchy-Karte2

 

Mailantwort vom 08.03.2016 durch die Sektion Natur und Landschaft des Kanton Wallis:

Die Unterschutzstellung des Val de Réchy ist eine relativ lange Geschichte. Schon 1996 wurde das Gebiet Val de Réchy vom Bundesrat als Moorlandschaft von nationaler Bedeutung bezeichnet. Mit dem Inkrafttreten der entsprechenden Bundesverordnung erhielten die Kantone am 01. Mai 1996 den Auftrag, den Schutz innert einer Frist von 6 Jahren zu regeln.

Im Kantonalen Gesetz über den Natur- und Heimatschutz ist ein zweistufiges Verfahren vorgesehen. Zuerst wurde von Fachspezialisten ein provisorisches Dossier der Unterschutzstellung erarbeitet und insbesondere mit Vertretern der Gemeinde und kantonalen Fachstellen besprochen. Danach erfolgte eine öffentliche Information (mit Hinweis im Amtsblatt), während der das Dossier während 30 Tagen öffentlich auflag. In dieser Phase konnten alle interessierten Personen, Vereinigungen, etc. Vorschläge zum Entwurf des Schutzentscheides machen. Unsere Dienststelle hat danach die eingegangenen Anträge geprüft, das Dossier überarbeitet und wiederum mit den direkt betroffenen Kreisen diskutiert. Nachdem in praktisch allen Punkten eine Einigung gefunden wurde, erfolgte die öffentliche Auflage (mit Hinweis im Amtsblatt) des Dossiers während 30 Tagen. Während der öffentlichen Auflage konnten wiederum Änderungsanträge und / oder Einsprachen formuliert werden. Die Ergebnisse wurden erneut eingehend mit den betroffenen Instanzen, Vereinigungen und Privatpersonen diskutiert. Wir haben das Verfahren somit streng gemäss den gesetzlichen Vorgaben durchgeführt und es bestand verschiedentlich die Möglichkeit, Änderungsanträge zu formulieren.

Das nun geschützte Gebiet ist, wie oben erwähnt, eine Moorlandschaft von nationaler Bedeutung. In der ganzen Moorlandschaft gibt es viele interessante Biotope und die teils seltene Vegetation ist in dieser Höhenlage sehr empfindlich und bei Schäden wenn überhaupt nur schwer wieder instandzustellen. Bei den im Gebiet vorhandenen, teils sehr schmalen Wanderwegen, besteht die Gefahr von Erosionsschäden. Zudem kam es immer wieder vor, dass Biker eventuell wegen den schmalen Wanderwegen ihre eigene Route teils quer durch Alpwiesen und naturschützerisch wertvolle Flächen wählten. Mit den Bewirtschaftern der Alp haben wir übrigens seit einigen Jahren einen Bewirtschaftungsvertrag. Die alpwirtschaftliche Nutzung erfolgt unter Einhaltung verschiedener Bedingungen.

Wir haben Verständnis, dass einige Leute enttäuscht sind, dass das Biken im Val de Réchy gemäss Schutzentscheid nun verboten ist. Wir erhielten aber auch viele positive Reaktionen zum Schutzentscheid. Wir möchten bei dieser Gelegenheit auch betonen, dass es gerade im Wallis sehr viele und schöne Bike-Routen in allen Regionen und in allen Höhenstufen gibt.

5 Gedanken zu „kein Samba mehr auf dem Brasilianer“

  1. Wenn die Herren nicht vernünftige entscheidungen treffen können, dann ist die Zeit gekommen in den entscheidenden Amststuben unseren Einfluss zu zeigen

    Die Ausgrenzung der Biker in diesem gebiet ist für mich unakzeptabel und hat keine Gültigkeitsberechtigung, es kann ja nicht sein dass die veralteten Köpfe wie Jäger, Fischer sowie Rotsocken über unsere Zukunft ohne unsere Zustimmung willkürlich entscheiden dürfen.

    Niemand hat ohne detaillierte abklärung die Befugnis zu behaupten das wir Biker die Natur mehr belasten als die anderen Benutzer…und uns auszugrenzen.

    Die Natur ist für uns MTBer sehr wichtig und muss für die nächsten Generationen so gut wie möglich geschützt werden

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  2. Hab’s schon auf der Website der Hochglanzbikerrevue gelesen…Das ist natürlich Schade und schwer nachvollziehbar.
    Das Interesse der Natur als Begründung für den Entscheid vorzuschieben, ist schon etwas derb, denn im gleichen Zug werden genau diese mit Füssen getreten….

    Dennoch wird eine weitere Eskalation vermutlich nicht viel bringen.

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  3. wo ein wille ist wäre auch ein weg. die Segnesebene in Graubünden ist im bundesinventar auch als geschützte moorlandschaft eingetragen. der weg dadurch ist mit pfosten markiert und ich habe nirgends ein bikeverbot gesehen.

    wie du Rotscher schon erwähntest, ist biken für uns auch ein naturerlebnis und wir verhalten uns darum auch dementsprechend, was leider nicht auf alle biker zutrifft. von dem her kann ich bikeverbote an gewissen orten im ansatz schon nachvollziehen. schlussendlich bleibt es aber ja jedem selbst überlassen, wie er solche verbote handhabt 😉

    ich wollte den Brasilianer dieses jahr auch endlich mal fahren. die anfahrt über den Col-de-Louche hätte natürlich mehr reiz, aber ich denke die direkte anfahrt zum Col-de-Cou wäre eine gangbare alternative.

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  4. hey, ist alles halb so wild. von bendolla hoch richtung col de louché, aber dann weiter zur hütte becs de bosson, so gibt’s auch noch was zu essen. dann in den „Argentinier“ einsteigen Richtung lovégno, weiter nach l’arpette und hoch nach la combe. jetzt rein in den Brasilianer, yeah!

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