Gipfelglück im Doppelpack

Grat zwischen Bella Tola und Rothorn

3’025 + 2’998 = 6’023. Mathematisch ist dies ganz korrekt. Und geschummelt sind die Zahlen auch nicht. Dennoch klafft leider Theorie und Praxis auseinander. So bin ich nicht auf einem 6’000er Berg gestanden. Aber auf einem mit 3’025 Metern und einem mit 2’998 Metern. Das Ganze sogar an einem Tag auf derselben Tour. Alles hab so wild, es waren Nachbargipfel. Ein unvergessliches Gipfelglück im Doppelpack.

Sierre bietet sich als Startort für so manche super geniale Biketour an. Mein Startpunkt war der Busbahnhof. In einer schönen und gemütlichen Fahrt bringt mich das Postauto nach St-Luc im Val d’Anniviers. Soll ich mir auch noch die Standseilbahn genehmigen? Wäre theoretisch möglich. Aber nein, ich befürchte, dass der Tag sonst zu locker wird.
Über die Kiesstrasse erreiche ich Tignousa, die Bergstation dieser Bahn. Immer wieder erblicke ich das Hotel Weisshorn, welches an dominanter Lage das Tal überblickt.

Blick Richtung Hotel WeisshornTignousa

Der Weg wird steiler und ruppiger, aber immer noch sehr gut fahrbar. Es ist der Zubringer zur Cabane Bella Tola. Eine Einkehr schalte ich dann gerne auf dem Rückweg ein. Die ersten richtigen Rampen stellen sich in den Weg. Vorbei an Kühen geht es weiter. Der Lac de la Bella Tola ist gleich unter mir. Auch ein schönes Plätzchen. Ich habe aber nur den Gipfel im Kopf. Endlich erreiche ich den Pas du Boeuf.

Lac de la Bella Tola Stein und Schnee mit wenig Grün

Ich wähle diesen Aufstieg, weil ich nicht denselben Aufstieg wie Abfahrt möchte, und weil ich mir nach Karte erhoffte weiter hoch fahren zu können. Das habe ich theoretisch schon geschafft. Aber an einigen Situation habe ich es bereits bereut, mich nicht mit der Standseilbahn nochmals einige Höhenmeter schenken zu lassen. Vielleicht spüre ich auch die Müdigkeit vom gestrigen Gipfeltag. Vor allem die extrem steilen Skipisten waren nicht wie erhofft fahrbar.
Weiter oben war dann sowieso Schultern vom Bike angesagt. Nach Geröll- und Felsfelder und einem Schneefeld stehe ich unterhalb vom Gipfel. Das Glücksgefühl muss noch mehrfach verdient werden. Der Berg besteht nur aus Steinen und einer sehr steilen Flanke. Der Bergweg windet sich im Zickzack empor. Teils ist es eher ein klettern als ein Wandern. Der Schweiss fliesst in Strömen. Ich konzentriere mich auf den baldigen Gipfel, als auf die verpasste Chance der Standseilbahn. Die beiden jungen Mädels die mir entgegenkommen sind gleich ein Aufsteller. Ein Biker mit seinem Rad auf dem Rücken in dieser extrem steilen Schotterwand ist nicht normal. Das muss auf dem Foto festgehalten werden.
Geschafft! Die 3’000er Marke ist wieder geknackt. Und das Panorama umwerfend. Gipfelglück ist wohl wirklich die treffendste Bezeichnung. Ich werde gleich von der Gruppe französisch sprechenden Leute belagert. Mit knappem Deutsch wollen sie alles mögliche wissen. Ein Gipfelfoto von ihnen mit meinem Bike darf nicht fehlen. Viele gibt es wohl nicht, die so verrückte Biketouren unternehmen. Aber eines ist immer gewiss. Ich ernte Anerkennung von begeisternden Menschen. Je höher man ist, je offener und aufgeschlossener sind die Menschen gegenüber mir als Biker.

Bella Tola - 3'025 m.ü.M Blick zum Rothorn Bella Tola mit GipfelkeuzPanorama vom Bella Tola Richtung Rothorn

Ich erblicke den Gratweg zwischen Bella Tola und dem Rothorn. Das Schweiss läuft mir kalt den Rücken runter. Einfach Hammer!
Die ersten Meter vom Bella Tola sind sehr verblockt, rutschig und fast unfahrbar. Ich möchte nichts riskieren und laufe ein paar wenige Meter. Dann fängt der Fahrspass an. Ich surfe auf Schotter dem Grat entgegen. Dann dieser Grat. Meist ist er recht breit und super fahrbar. Aus dem Kiesboden spriessen sogar Margeriten. Auf der einen Seite ist der Hang einfach sehr steil und auf der andern Seite nur felsig.
Die verlorenen Höhenmeter vom Bella Tola muss ich wieder gutmachen. Mit dem Bike auf den Schulter ist das Rothorn aber schnell erreicht. Ein Gipfelhäuschen mit Panoramatafel empfängt mich.

Sogar kleine Margeriten wachsen auf dieser Höhe Meine Abfahrt Rothorn - 2'998 m.ü.M

Von hier ist das Panorama noch fast gewaltiger. Der Gipfel ist wirklich ein Gipfel und fällt fast rundum senkrecht ab. Der Blick reicht über das Illhorn, den Illsee, ins Haupttal, Montana und seine Berge. Viele Erinnerungen von schönen Biketouren werden wach.
Jetzt nichts wie los in die Abfahrt. Einen Teil vom Grattrail darf ich nochmals unter die Stollen nehmen. Schon bin ich im siebten Himmel. Dann die Abfahrt. Anfangs bis zum Haus ist sie steil. dann wird der Weg viel besser. Flowig kann man ihn nicht nennen. Wenn er auch so schön ist, es ist ein Schottersurfen. Auf der gesamten Abfahrt gilt es die Balance vom Vorderrad zu finden. Es ist wie auf Schnee. Erstaunlich, wieviel junge Leute es unterwegs hat. Würden sie lieber ihre Wanderschuhe gegen mein Bike tauschen? Eher nicht, nehme ich an. So runter zu surfen ist nicht jedermanns Sache. Ich habe meinen grossen Spass daran.
Dann folge ich ein Stück der Aufstiegstrecke und gönne mir die verdiente Pause in der Cabane Bella Tola.

Cabane Bella Tola

Ich möchte möglichst keine Höhenmeter verlieren um den Hang zu queren. Das ist jedoch kaum möglich. Der Grashang, im Winter Skipiste, zwingt mich schon wieder zum laufen. Hätte ich doch nur …..
Endlich die Erlösung. Zwischen Chandolin und Tsapé fahre ich Richtung Haupttal. Ab in den flowigen Trail. Dann vor dem Illgraben ist schon wieder fertig Lustig. Dafür ist die senkrechte Felswand vom berühmt berüchtigten Illgraben eindrücklich.

Illgraben

Auf der Alpstrasse nach Ponchet kommt mir ein Geländefahrzeug entgegen. Darin sitzen eher jüngere Forstarbeiter. Sie halten an und teilen mir mit, dass hier Bikeverbot sei. Was? Hier auf einer breiten Kiesstrasse? Ich muss das Lachen verkneifen. Es hat anscheinend eine Tafel kurz nach Chandolin. Keine Ahnung, ich komme ja nicht von dort, sondern vom Illgraben. Er schaut mich kritisch an und fährt weiter. Falls jemand etwas Näheres dazu weiss, soll er doch dies im Kommentar vermerken. Jedenfalls ist klar, dass diese Strecke sehr viel von Bikern befahren wird. Das ist in der Abfahrt gut sichtbar.
Nach der Alp Ponchet beginnt das Trailrocken. Die Abfahrt ist super und macht riesig Spass. Auf etwa halber Höhe gelange ich wieder auf eine Alpstrasse. Dieser folge ich nach Osten, dem Hang entlang. Ich möchte die knackigste Variante bis ins Tal einschlagen. Dies ist ein Trail, der sich im Zickzack den steilen Hang hinunter schlängelt. Ein grandioses Finale als Abschluss von diesem Hammertag. Mitten in der Abfahrt die Kapelle St-Antoine. Der Trail ist auf mich zugeschnitten. Unten wirft er mich gleich auf der Hauptstrasse aus. Mein Gesicht ist zu klein, um die nach oben zeigenden Mundwinkel zu platzieren.

Ponchet Sierre in Sicht Kapelle St-Antoine Weit unten mein Ziel Blick ins Unterwallis

Das war ein Hammertag. Gipfelglück im Doppelpack mit einer genialen Abfahrt nach Sierre. Diese beiden Berge werde ich bestimmt wieder besuchen. Vielleicht das nächste Mal mit Unterstützung der Standseilbahn 🙂

Distanz: 36.4 km
Fahrzeit: 4:17 h
Höhenmeter: 1’782 hm
Downhillmeter: 2’788 dm
Bike: Liteville 301 Mk11

 

7 Gedanken zu „Gipfelglück im Doppelpack“

  1. Hallo Rotscher. Super Bilder und ein schöner Grad, welcher sogar teilweise fahrbar ist.
    Ja das Höhersteigen mit dem Bike auf die 3000er, welche auch mit viel Tragen verbunden ist, ist schon etwas schönes und spezielles. Dazu muss auch das Wetter stimmen. Wenn dann einige Wanderer dazu noch staunen, oder wenn man nach der Tour vom Talboden hoch zum Gipfel schaut, begreift man erst, was man da geleistet hat. Gruß und weiter so Etienne.

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  2. Hi Rotscher, dieser Trail ab der Alp Ponchet lässt schon beim Anblick auf der Karte das Wasser im Mund zusammenlaufen….;-)
    Aber auch die Gipfelerfahrung und das Hochtreten gehören für mich dazu….

    Danke für den Post & weiterhin schönen Sommer!

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  3. Salue Rotscher,

    Ich kam zu Deinem Beitrag über Peter Brunner`s Tour Eintrag (Chandolin – Ponchet – Eglise St. Antoine) auf „OUTDOORACTIVE“, und schrieb …

    Salue Peter, ich wollte am 8.9.2016 die Tour auch wieder einmal fahren, musste aber mit Schrecken und Ärger feststellen dass unmittelbar nach dem Punkt 2066 bei Pramarin am Waldrand auf der rechten Seite ein neues Bike Fahrverbot aufgestellt wurde. Das Fahrverbot gilt aber erst ab Ponchet Punkt 1870. Das heisst dass einem die Gemeinden des Val d`Anniviers, die das Bike Verbot erliessen (ergab meine nachträgliche Recherche) noch erlauben bis zum Restaurant Ponchet zu fahren um einzukehren und Geld liegen zu lassen, dafür darf der Biker jedoch den Trail nicht mehr offiziell benutzen. Das Bike-Fahrverbot steht schon ca. 2 Jahre. Ich ärgerte mich masslos. Ich sehe (grundsätzlich schweizweit) einen nach und nach wachsenden und grösser werdenden Konflikt zwischen Bikern und Behörden. Leider muss ich auch sagen dass unser schweizer stimmungsmachendes Mainstream Medium „RIDE“, einen grossen Anteil daran hat dass diese Probleme durch Beiträge in der Zeitschrift „RIDE“ geschürt werden. Dafür verantwortlich sehe ich wiederum Thomas Giger/RIDE. Allen ernstes forderte er an einem (MTB) E-BIKE Symposium an der „INFOTECH“ 2016 in Luzern, von Händlern mehr Verantwortung Ihrer Kunden gegenüber. Das heisst, er forderte die E-Fahrradhändler auf den Kunden mitzuteilen wo Fahrverbote sind und wo der Kunde fahren solle und wo nicht. Ich fand diese Aussage eine absolute Frechheit, ausgerechnet er welcher Swiss Singletrail Maps druckt und seine Routen durch Naturschutzgebiete verlegt. Diese Welt hat für mich keine ethischen Punkte mehr, es geht nur noch ums Geld. Ich wünschte mir dass sich die Biker einige werden die die Natur noch zu schätzen wissen. Ich meinerseits bin mit meiner Partnerin bei dieser Tour von Chandolin aus, umgekehrt.

    auf den Link http://www.ride.ch/touren/bella-tola, der mit Peter noch zusandte, schrieb ich ich dann noch

    Salue Peter, danke für die Infos. Tja, wer die Umgebung während einer Tour wahrnimmt ist in der Regel ganz klar im Vorteil, oder bei diesem Fahrverbots-Thema eben theoretisch als Biker im Nachteil, wenn man das Fahrverbot ernst nimmt. Schade ich habe kein Foto gemacht, aber meine Partnerin und ich sind nicht blind, sonst wären wir ja nicht bis dahin gekommen, hätten das Fahrverbot auch nicht gesehen und wären umgekehrt. Übrigens das Fahrverbot befindet sich rechts in Fahrrichtung Ponchet, kartografisch nachsehbar mit https://s.geo.admin.ch/6e4a20f8c3

    Die Arroganz, die Thomas Giger teilweise bei Argumentationen an den Tag legt, widerstrebt mir. Bikevater wie er von SFDRS getauft wurde, ist er beileibe nicht. Dass er sich noch brüstet dass er seit 15 Jahren für den MTB(er) kämpfe, hinterlässt bei mir einen schalen Geschmack des Selbstruhm`s.

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    • Danke Claude für dein ausführliches Statement. Zwar wird der MTB Sport/Hobby in der Bevölkerung immer beliebter und gehört zur Selbstverständlichkeit in den Bergen, was jedoch wieder neue Probleme mit sich bringt. Vor allem gibt es noch sehr viele egoistische und wenig bewusste Biker, die solche Verbote zu einem guten Teil mit verantworten.
      Was das RIDE anbelangt, ist ein Spagat zwischen „Bikevater“ und Journalismus einfach nicht möglich. Auch die RIDE Macher suchen immer mehr nach Schlagzeilen, Provokation und Aufmerksamkeit.
      Die teils negative Entwicklung ärgert mich auch sehr. Und wie gehe ich nun mit solchen Verboten um? Ich bin leider auch immer hin und her gerissen.

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      • Ich kann Dir in jedem Punkt Recht geben. Falls es für Dich ok ist, werde ich mir hier mal kurz aber diplomatisch Luft machen, denn meiner Meinung nach muss sich was ändern. Ich mache mir keine Illusionen. Ich denke nicht, dass sich einfach ein Hebel ziehen lässt womit sich alles regelt, aber ich glaube grundsätzlich an die Ethik in jedem Menschen.
        Mal vorne begonnen.
        Es ist (leider) so, dass unsere Wirtschaft von sich aus ständig neue/andere Produkte auftischt (sind erschreckender Weise, (meistens) ja keine Weiterentwicklungen mehr), damit die Wirtschaft ständiges Wachstum verzeichnet. Ich sag dem Wirtschaftswachstumswahn (mit eingebauter Obsoleszenz). Dieser Wahn brauchen wir nicht und die Natur, unsere Mutter Erde, erst recht nicht! Damit wären wir bei der Bevölkerung die das biken und viele andere Freizeitbeschäftigungen lieben lernen, was absolut ok ist. Die komplette Ethik in der ganzen Sache fehlt aber „immer“. Ich dürfte dies ja als Inhaber eines Fahrrad Fachgeschäftes nicht schreiben da ich ja vom Verkauf (ein wenig) abhängig bin. Ich habe aber Oberwasser, von all dem Gesülze der Hersteller, die einem noch besseres (mit eingebauter Obsoleszenz) zu horrenden Preisen verkaufen (wollen)! Ebenso habe ich Oberwasser von den Podiumsgesprächen (siehe zBsp. Infotech 2016 Thema E-Bike https://www.youtube.com/watch?v=KSTuxeVEwPM ), die von Gremien an Events abgehalten werden. In diesen Gesprächen wird zwar ein Thema diskutiert, es werden aber auch propagandistisch Themen aufgeworfen, damit die Mainstream Medien auch immer Wachstum verzeichnen, also etwas zu schreiben haben. Klarer, ethisch investigativer Fach-Journalismus für unsere Fahrrad Industrie sucht man vergebens (ich kenne keine). Die meisten Medien sind schon durch und durch penetriert von dem stetig stärker spürbaren Kapitalismus (Wachstumswahn), welcher nach meinem Geschmack schon eine Diktatur-Form angenommen hat. Ich bin nicht gegen solche Podiumsgespräche, aber im Minimum sollten auch da Händler zu Wort kommen und nicht einfach eine ausgewählte Jury, die den schwarzen Peter hin und her schiebt und zuletzt die Verantwortung noch den Händlern zusteckt. Gerade von Leuten wie Thomas Giger die Swiss Singletrail Maps produzieren und Trails auf den Karten festhalten und somit auch durch Naturschutzgebiete legen, von denen erwarte ich dass sich diese zuerst um die Themen vor der eigenen Haustüre kümmern.

        Wenn ich unterwegs bin, stelle ich fest dass sich sehr viele Personen, extrem egoistisch verhalten. Ich stelle dies zBsp. fest wenn ich mit/in ÖV unterwegs bin. Ich kann z.T. nicht mal mehr mit meinem Bike aus dem Zug aussteigen, weil alle zuerst reinstürmen um sich noch einen Sitzplatz zu ergattern. Oder Personen kollidieren mit mir im Bahnhof weil das Smart Handy wichtiger ist als der Weg vor Ihnen!!! Oder wie Du sagst, stelle ich auch fest, dass sich relativ viele, meist jüngere BikerInnen den Hang runterwerfen, die die Bike Gebote nicht kennen und wenn man diese danach fragt, es sie einen feuchten Kehrricht interressiert – Hauptsache FUN – Fahrverbote missachten (oder nicht kennen wie diese aussehen), geschwungene Trails abkürzen und in Engen Kehren die Hinterradbremse ziehen, dass nur so die Steine und Staub fliegt. Ja diese BikerInnen, verantworten dies mit. Ich mache aber keinem einen Vorwurf und ich ärgere mich darüber nicht mehr, weil mir bewusst ist, dass wir alle im gleichen Boot sitzen und ein Teil davon sind.

        Ich versuche meine Energie in Dinge zu stecken die nicht gegen etwas sind, sondern für etwas neues. Ich versuche neue Netzwerke zu knüpfen in denen nicht aktuelle Themen zwanzig mal diskutiert werden, sondern neue Ideen aufzugreifen und Themen ethisch zu diskutieren.

        e liebe Gruess Claude

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