Entdeckungstour im Südbünden

Monti di Lava

Das Wetter ist kühl und trist, mit Regen in regelmässigem Abstand. Die Schafskälte beherrscht unsere Gegend und beeinflusst auch mein Gemüt. Ein Wochenende zum abhaken. Zumindest bis zum erlösenden SMS von Felix am Samstag Abend. Meine Antwort fällt kurz und bündig aus. Im Süden herrscht nämlich tolles Wetter. Schnell ins Bett, morgen geht es früh aus den Federn.

 

Der Regen prasselt auf die Windschutzscheibe vom Auto. Kein Problem. Bald stehen wir mit kurzen Hosen und Trikot im Sonnenschein. Herrlich! So lässt es sich biken. Das letzte grössere Dorf im Kanton Graubünden heisst Roveredo. Danach überschreitet man die Grenze ins Tessin. Das Valle Mesolcina ist eines der südlichen Täler vom Bündnerland, und den meisten nur von der Durchreise durch den San Bernardino in den Süden bekannt. Hier ist unser Start. Die Strasse hinauf nach Laura kennen wir von der Tour im Januar. Die gut 1’000 Höhenmeter vergehen dank viel Gesprächsstoff wie im Fluge. Das kleine Restaurant ist die letzte Gelegenheit zur Einkehr. Etwas verfrüht lassen wir uns einen Teller Spaghetti schmecken.

Laura

Frisch gestärkt erklimmen wir die nächsten Höhenmeter bis hinauf zum Tunnel. Dieses markiert die Grenze Graubünden-Tessin. Die Aussicht über das Valle Mesolcina und hinein ins Val Calanca ist wunderschön.

Blick ins Valle Mesolcina und Val Calanca Grenztunnel

Einige wenige Meter überfahren wir Tessiner Boden. Bei der Alpe di Cadinello führt ein Grasweg wieder hinauf zur Grenze, wo unser kurzer Grenzübertritt zu Ende ist. Entlang von Felswänden ist ein toller Weg angelegt. Er erinnert etwas an einen Säumerweg.

ein Blick ins Tessin Alpe di Cadinello super Höhenweg im Felsen big smile :)

Das Kribbeln im Körper ist spürbar. Was wird kommen? Wir befinden uns bereits auf unbekannten Wegen. Ja, solche Entdeckungstouren bieten eine Prise Abenteuer.
Dann stehen wir vor einem Wegweiser. Ein Trail schlängelt sich durch die Heidelbeerbüsche. Fantastisch! Ich habe nur schon vom freudigen Anblick einen erhöhten Puls. Die erste Abfahrt kann starten.
Wir zirkeln durch die Büsche, über Absätze, vorbei an Alpenrosen, suchen die Fortsetzung vom Trail und geben ordentlich Gas über die Wiesen. Die Mundwinkel sind so weit oben, dass sie kaum im Gesicht Platz haben. Urchige, wilde Natur mit einem ursprünglichen Pfad. Nichts von Zivilisation oder ausgebauten Wanderautobahnen. Ich liebe solche Wildnis.

ab in den Trail Heidelbeertrail Alpenrosen Grastrail Rotscher auf dem unsichtbaren Trail Rotscher zwischen Heidelbeeren und AlpenrosenProdlò

Die Alp Monti di Frasconscella scheint ziemlich verlassen. Bis zur Strasse sind nochmals einige Tiefenmeter zu vernichten. Auf diesen Abschnitt sind wir besonders gespannt. Die Karte zeigt eine sehr enge Zickzacklinie. Nichts wie los in den Wald. Die Kehren zu zählen ist uns zu mühsam. Es sind einfach viele. Aber der Weg ist super gut ausgebaut. Wir hatten ihn in unseren Gedanken viel schwieriger ausgemalt. Aber es scheint der offizielle Zugang zur Alp zu sein, darum wird er wunderbar gepflegt.
Danach folgen wir der Strasse bis zum namenlosen Stausee. Zumindest finde ich auf der Topokarte keine Bezeichnung.

Monti di Frasconscella Stausee im Val di Roggiasca

Monti de Lanés ist eine weitere abgelegene Alp. Wiederum führt ein Zickzackweg dorthin. Leider liegen die paar Häuser über uns. So müssen wir die 300 Höhenmeter mit geschultertem Bike erklimmen.

Mont di Lanés

Die Karte zeigt uns einen Pfad, der von Monti di Lanés bis fast Roveredo im Tal führt. Wir haben die Höhenmeter geschafft und freuen uns auf eine coole Abfahrt. Kaum passieren wir das letzte Haus, stehen wir auf einer Naturstrasse. Nein, das darf nicht wahr sein. Jetzt schultern wir das Bike den Berg hoch und müssen auf einer Strasse runter düsen? Der obere Teil scheint sehr neu zu sein. Der untere Teil jedoch nicht. Trotzdem ist die Karte nicht auf dem aktuellen Stand.

Strasse anstelle Trail

So nicht. Wir checken das GPS. Na gut, dann gibt es halt noch ein paar Höhenmeter dazu. Fahrend und schiebend folgen wir einem Trail bis Monti di Lava. Ein herrliches Plätzchen mit hohem Gras und wunderschönen Blumen (Titelbild). Wir schalten eine Pause ein, legen uns ins Gras und plaudern.

Monti di Lava

Jetzt geht es definitiv nur noch abwärts. Der Trail zwischen hohem Farn und durch den Birkenwald ist himmlisch. Vorbei am Torre di Bogian und durch den Wald. Die Abfahrt ist sehr abwechslungsreich. Ganz unten sind nochmals ein paar Meter auf einem Strässchen zu vernichten. Felix entdeckt aber Abkürzungen. Ohhhh, die sind verdammt steil. Ich rutsche an einer Stelle mit beiden Reifen zwischen Steinbrocken hindurch. Das Herz ist in die Hose gerutscht. So kneife ich beim letzten Steilhang.
Die Kirche Sant‘ Anna bildet den Schlusspunkt.

Abfahrt von Monti di Lava Abfahrt von Monti di Lava Abfahrt von Monti di Lava Torre di Bogian Sant' Anna

Im Dorfzentrum von Roveredo geniessen wir das verdiente Celati. Wir schwärmen vom heutigen Tag und den unzähligen Entdeckungen in einer abgelegenen und rauen Gegend. Es war definitiv die richtige Entscheidung, uns heute in den Süden zu verziehen. Die Sonne scheint noch so herrlich, dass es uns schwer fällt, den Heimweg anzutreten.

Distanz: 31.7 km
Fahrzeit: 4:01 h
Höhenmeter: 2’038 hm
Bike: Liteville 301 Mk11

 

4 Gedanken zu „Entdeckungstour im Südbünden“

  1. Man spürt Deine Leidenschaft fürs Biken in diesem Bericht so richtig! Ganz toll geschrieben. Das Gebiet ist mir auch ein wenig bekannt und ich mag diese unendlich scheinenden Wildnis genau so wie Du. Auf diesen Trails war ich aber noch nie!

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  2. an dir ist wirklich ein bikemagazin-journalist verloren gegeangen.
    schöne tour und bilder, nur die farbe der neuen lenkergriffe ist etwas „gewöhnungsbedürftig“ 😉

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    • Das Blau leuchtet noch ein wenig. Das wird sich mit der Benutzung schon einpendeln 🙂 Aber ist natürlich Geschmacksache. Ich finde es poppig cool 😉 Das rote Bike, die blauen Griffe und knallig grüne Bikeshorts, perfekt 🙂 Und gewechselt sind sie schnell wenn die Farbe verleidet.

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