missglückter Versuch

Das Motto der zweiten Tour meines Aufenthalts im Wallis war klar. Wie hoch hinauf geht es schon mit dem Bike? Wo stoppt mich der Schnee?
Ziel war die Varneralp.

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Ich wusste es ja. Und eigentlich wollte ich nur so hoch hinauf fahren/laufen bis mich der Schnee bremst. Aber im Aufstieg von Varen zur Varneralp wurde ich von Höhenmeter zu Höhenmeter euphorischer und zuversichtlicher. Man wirft plötzlich die ursprünglichen Pläne über den Haufen und kramt die optimistischste Version aus dem Hinterkopf. Bis zu dem Zeitpunkt wo ich kapitulieren muss.

Nun aber der Reihe nach.
Der Aufstieg von Varen hinauf bis Chäller verläuft auf Asphalt- und Kieswegen. Ab Höhe 1’700 Meter begegne ich in Schattenlöchern bereits ein paar Schneeresten.

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Ab Chäller muss das Bike geschultert werden. Bei Plammis auf 2’146 Meter leisten mir die Schneefelder gute Gesellschaft. Vor einem Jahr war ich Anfang Juni ebenfalls hier oben (Beitrag). Auch dazumal sah es gleich aus. Wegen dem schneereichen Winter hatte es fast zwei Monate später noch ebenso viel Schnee wie jetzt Mitte April. Das stimmt mich optimistisch. Kein Gedanke von einem allfälligen Rückzug.

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Weiter geht es mit geschultertem Bike zur Varneralp Ost.

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Die Höhe ist erreicht. Der weitere Verlauf meiner Route führt auf einer Höhe von knapp unter 2’200 Metern dem Hang entlang. Soll ich weiter oder nicht? Wenn ich schon bis hier hoch gekommen bin, geht es auch weiter. In wechseldem Rythmus aus Fahren und Schneestapfen kämpfe ich mich vorwärts. Die Schneefelder werden immer grösser. An Fahren ist kaum mehr zu denken.

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Ich stehe kurz oberhalb der Alp Nüschelet. Ab dort lichten sich die Schneeresten wieder, da der Weg etwas tiefer liegt und der Hang besser besonnt ist. Vor mir liegt aber eine steil abfallende Schneewand die ich überwinden muss. Ich wage mich sachte Schritt für Schritt vorwärts. Der Schnee ist an diesem Schattenhang sehr hart und rutschig. Wenn ich jetzt abrutsche, finde ich mich in der Tiefe wieder. Nein, das Risiko ist mir zu hoch. Ich ärgere mich grün und blau. Nur ein paar Meter trennen mich von einer geglückten Tour. Eigentlich wollte ich weiter bis Tièche. Aber egal. Irgend wann muss die Vernunft siegen. Und das ist auch richtig so. Ich schreite zum Rückzug. Alles wieder zurück über die vielen und grossen Schneefelder. Kaum ein Meter zum fahren. Ich erhöhe das Tempo. Möglichst schnell aus dieser misslichen Lage.
Erleichtert betrete ich die Erhöhung beim Kreuz. Geschafft. Ich bin verärgert über den missglückten Versuch und gleichzeitig happy über die bevorstehende Abfahrt. Irgendwie ganz schräg.
Bevor ich mich auf den Sattel setzte, gönne ich mir eine Pause mit Snack und Fotos.

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Die ersten Downhillmeter bis Pfarschong sind genial. Die hunderten von Krokussen ebenso. Das gibt nochmals einen ausgiebigen Fotohalt.

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Der Ärger ist bereits verflogen. Die nächsten 1’000 Downhillmeter lassen das Herz bereits springen. Ich öffne die Bremsen und trete in die Pedalen. Den Weg kenne ich. Dann kommt eine Verzweigung bei dieser Lichtung.

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Wenn ich schon die Tour abbrechen und zurückfahren muss, so probiere ich wenigstens einen neuen Weg aus. Also links weg und weiter. Ich düse durch den Nadelwald über die weichen Trails. Nichts kann mich mehr aufhalten. Dann reihen sich Spitzkehre an Spitzkehre. Ein paar Meter daneben fällt die Felswand in die Tiefe. Zwischen den Tannen und Lärchen erhasche ich einen Blick in die Leere. Eine Wasserröhre zeigt den Weg. Ein Stück zum sausen lassen. Dann nochmals ein paar Kehren. Bereits stehe ich bei Varner Leitern. Von einer Leiter ist zwar weit und breit nichts zu sehen. Aber der Trail war erste Klasse. Gut hat mich das Schneefeld zum Rückzug gezwungen. Ansonsten hätte ich diesen Trail nicht entdeckt.

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Die letzten Meter runter bis Varen sind schnell vorbei. Was für ein Tag. Ein Tag mit wechselnden Gefühlen. Mit meinem Dickschädel muss dies in Kauf genommen werden. Schlussendlich überwiegen aber immer die tollen Momente. Und über die restliche Schinderei kann man im Nachhinein nur schmunzeln. Momente die man nicht mehr vergisst.

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Distanz: 26.1 km
Fahrzeit: 3:47 h
Höhenmeter: 1’578 hm
Bike: Liteville 301 Mk8

 

4 Gedanken zu „missglückter Versuch“

  1. Hi Roger, kann ich gut nachvollziehen…man denkt sich vielleicht , dass es ja doch ganz „gut“ hätte werden können und dass man zu früh aufgegeben hat.. Beim Rückzug trifft man seinen vernünftigen Entscheid aber selber und das verdient m.E. Respekt. Es gibt genug Leute, die mit Ihrem Leichtsinn viel Aufwand und Leid bei Ihren Mitmenschen verursachen.

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  2. Beim entscheid links oder rechts finde ich rechts die bessere variante. Runter auf die strasse.. nach 50-100mlinks weiter.. dies ist der flowigere teil der strecke. Wem das getrete zuviel ist.. bus nach leukerbad und von dort richtung larschy, dann felswand hinauf zum keller. Ansonsten, top strecke. gruss

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    • Ja, die andere Abfahrtsvariante ist auch super und flowiger. Und den Aufstieg von Leukerbad würde ich auch bevorzugen. Aber beim Einstieg in den Geissenpfad liegt noch lange Schnee. Daher ist er im Frühling meist nicht machbar.

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