kostbares Wasser

Wer im Kanton Wallis in der Natur unterwegs ist, kommt bestimmt an einem der vielen kleinen Wasserkanäle vorbei. Sie haben eine grosse Bedeutung für das schöne Tal der Alpen. Per Bike habe ich mich auf diese historischen Spuren begeben.

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Im Wallis befindet sich die niederschlagärmste Region der Schweiz. Diese ist im mittleren Teil des grossen Bergtales, in einer Gegend wo sich bewohntes Gebiet und landwirtschaftliche Anbauflächen befinden. In den Bergen und Seitentälern regnet es häufiger. Sie sind zudem versehen mit natürlichen Wasserspeichern in Form von Gletschern. Anhand dieser Ausgangslage war die Aufgabenstellung klar. Wie führen wir das Wasser von den höheren Lagen an die sonnigen Berghänge und ins Tal? Nur so kann die wasserarme Gegend bewirtschaftet werden. Schon im 12. Jahrhundert wurden die ersten Bewässerungskanäle (deutsch: Suonen / französisch: Bisse) gebaut. Mit viel Aufwand und teils spektakulären Konstruktionen wurde das kostbare Wasser aus den Seitentälern herausbefördert.
Wer mehr über diese faszinierende Eigenart der Bewässerung erfahren möchte, findet auf dieser Internetseite viele Informationen.

In neuerer Zeit hat man die Suonen als touristische Attraktion entdeckt. Sehr viele wunderschöne Wege führen entlang dieser Kanäle. Teilweise wurden Infotafeln errichtet oder die hölzernen Kanäle rekonstruiert.
Auch für uns Biker bieten diese Wege sehr viel Freude. Zu bemerken ist jedoch, dass viele dieser Bewässerungskanäle durch steiles, abschüssiges Gelände führen. Daher sind die schmalen Wege oft ausgesetzt und fordern eine gute Bikebeherrschung! Zudem sind nicht alle Suonenwege fahrbar!

Wichtig scheint mir noch zu erwähnen, dass diese Suonen auch in der heutigen Zeit für die Bewässerung genutzt werden. Es handelt sich hiermit also nicht um veraltete Zeitgenossen.

Durch diese trockenen und mit Suonen durchzogenen Hänge führt meine Biketour. Ich starte in Sierre, der bereits französisch sprechenden Kleinstadt. Entlang dem Veloweg, durch die Rebberge und über Salgesch, gelange ich nach Varen. Weiter müssen ein paar Höhenmeter erkämpft werden bis ich vor der Infotafel der „Varner Suone“ stehe.

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Leider führt die Suone zur Zeit kein Wasser. Schade, da fehlt das Tüpfchen auf dem i. Im Frühjahr kann das gut vorkommen, dass einige Suonen noch ohne Wasser sind. Trotzdem geniesse ich den Weg entlang der „Grossi Wasserleitu“.

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Fast nahtlos geht der Weg über in die „Bisse Neuf“, die nächste Suone. Der erste Teil davon führt Wasser. Das wunderbare Plätschern klingt wie Balsam in den Ohren. Im zweiten Teil muss ich mich wieder ohne dieses Geräusch begnügen. Dafür lädt ein toller Platz zum Mittagshalt ein. Die Hammerschläge vom Wasserrad muss ich mir wegen dem fehlenden Wasser geistig vorstellen. Zu erwähnen ist, dass diese Wasserräder früher nicht nur Schmuck waren. Gekoppelt mit dem Rad war jeweils ein Hammer. Mit jeder Umdrehung vom Rad hat der Hammer geschlagen. Wenn die Leute in den Dörfern den Hammerschlag hörten, so wussten sie, dass Wasser in der Suone läuft und alles in Ordnung ist. Erklang kein Hammerschlag, musste davon ausgegangen werden, dass der Kanal irgendwo defekt war.

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Oberhalb vom Dorf Venthône erreiche ich die Strasse. Mehrheitlich auf breiten Wegen pedale ich weiter bis Chermignon. Die nächste Suone wartet auf mich, die „Grand Bisse de Lens“. Der Blick von hier über das Tal ist fantastisch.

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Bei Punkt 1’029 befinde ich mich unterhalb von „Le Châtelard“ oder besser unter dem Namen „Christ Roi“ bekannt. Auf diesem Berg steht die riesige Statue von Jesus. Sie ist 15 Meter hoch und steht auf einem 15 Meter hohen Sockel. Da ich mich noch gut fühle, schlage ich eine Zusatzschlaufe ein. Anstelle die Abfahrt links nach unten zu nehmen, folge ich weiterhin der „Grand Bisse de Lens“. Aber Achtung, der Weg sollte grösstenteils zu Fuss absolviert werden. Ein Fehler kostet das Leben.

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Über das Dorf Lens erreiche ich dann „Christ Roi“, ein schöner und eindrücklicher Ort.

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Der zusätzliche Aufstieg hat sich gelohnt. Ein kniffliger Trail führt steil abwärts, bis ich wieder bei Punkt 1’029 bin. Dann noch ein Stück weiter in die Tiefe.

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Über schöne Trails und Wege, gespickt mit Tunnel und tollen Tiefblicken, gelange ich zur „Bisse de Clavau“.

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Bereits habe ich die Rebberge erreicht. Auch durch diese Hänge führen Wasserkanäle. Jetzt kann die Kantonshauptstadt nicht mehr weit sein.

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Willkommen Sion. Zufrieden von den schönen Eindrücken rolle ich durch die Altstadt.

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Ein kühles Bier in den friedlichen Gassen lohnt sich. Ich verzichte jedoch darauf. Alleine macht es nicht die gleiche Freude, wie wenn man den Tag mit Kollegen ausklingen lassen kann. Und zudem muss ich meine Runde abschliessen. Das heisst, dass ich dem Rhoneradweg zurück nach Sierre folge. Zum Glück bläst der Wind von hinten und liefert kräftig Unterstützung.

 

Bemerkungen:

  • Die Tour kann auch in Leuk Bahnhof gestartet werden. Bis Varen am Besten der Strasse folgen.
  • Wer sich die Rückfahrt von Sion nach Sierre oder Leuk mit dem Bike ersparen möchte, kann die Eisenbahn benutzen.
  • Diese Route sollte wenn möglich nur unter der Woche und ausserhalb der Wandersaison befahren werden. Diese Suonenwege sind auch unter Fussgängern sehr beliebt. Ein dauerndes Kreuzen ist erschwerlich und macht auch uns Bikern keine Freude.
  • Idealer Zeitpunkt für diese Strecke ist der Frühling oder Herbst.

 

Distanz: 69.1 km
Fahrzeit: 4:29 h
Höhenmeter: 1’317 hm
Bike: Liteville 301 Mk8

 

10 Gedanken zu „kostbares Wasser“

  1. Ciao Rotscher, danke für deinen schönen Blog-Beitrag und die tollen Bilder. Tipp: Wenn du nach der „Bisse Neuf“ ca.100m weiter Richtung Mollens weiterfährst, zweigt links ein Wanderweg ab mit dem Ziel „Village“, diesem immer weiter folgen bis „Chermignon d’en Bas“. Gruss.

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  2. Ja rotscher, das Wallis scheint deine 2. Heimat zu sein. Hier kennst Du jedenfalls (fast) jeden Trail. Schöner Bericht. Ich möchte schon lange mal das Wallis mit dem Bike erkunden. Dann wärst Du natürlich als Guide prädisteniert. Vielleicht klappt es ja noch eines Tages. Gruss Hans

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  3. Hallo Rotscher,
    sehr nette Tour. Wir sind kommende woche auf einer Wallis rund tour für 8 Tage. Ein Teilstèck kommt von der Wildstrubenhütte via Rawil runte. Dabei wollte ich ab ca 667m Tsampon in die Bisse de Clavau einsteigen. Lohnt sich das oder erst etwas spàterin Les Granges? Gruss aus Ollon

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    • Ich würde schon bei St-Romain in den Trail einbiegen. Danach kommst du direkt zur Bisse de Clavau. Ansonsten verpasst du das Tunnel und einen wunderschönen Trail in einer herrlichen Natur.

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