Wallis oder Tschechien

Blöde Frage. Ich würde mich natürlich immer für das Wallis entscheiden. Aber wieso liegt die Hauptstadt und bevölkerungsreichste Stadt der Tschechischen Republik plötzlich im Wallis auf fast 2000 Metern? Vielleicht bringt die heutige Tour eine Erkenntnis?

Der Regionalzug rollt leise über die Schienen. Mit an Bord bin ich mit meinem Bike. Kaum ausgestiegen zeigt mein Weg aufwärts. Dies wir für lange Zeit so bleiben.
Endlich habe ich die Autostrasse hinter mir, ruhigere Zeiten brechen an. Vorbei an Dörfer und Alpen, Höhenmeter um Höhenmeter. Der Aufstieg ist mir bestens bekannt. Während die meisten Biker die Wege auf der bekannten Südrampe mit den Wanderern teilen müssen, verbergen sich oberhalb der Touristenstrecke die schönsten Trails. Wieder mal treffend nach dem Sprichwort „ohne Fleiss kein Preis“. Mit dem heutigen Trend der elektrifizierten Maschinen stimmt diese Aussage leider nicht mehr ganz. Darum geht es heute nochmals eine Stufe höhe als sonst, in E-Bike untaugliches Gelände.

Die letzte Alp ist erreicht, leider auch die Wolkenschicht. Das Bike kommt auf die Schultern. Der schmale und ausgesetzte Pfad bringt mich steil hinauf zur Tschechischen Hauptstadt. Oh, kein Haus, keine tschechisch sprechenden Einwohner, nichts ausser einer wunderschönen Szenerie. Die Herbstfarben leuchten um die Wette.

Ich schleppe mein Bike noch etwas höher, zu einer riesigen Felsplatte. Trotz fehlender Aussicht, sitze ich auf einen silbrig gefärbten Altholz-Baumstamm und mache Pause. Nichts ist zu hören, nur mein eigenes Kauen während ich das Brötchen verzerre.

Das rumliegende Holz ist silbrig, die Lärchennadeln goldig. Wäre es richtiges Edelmetall, würde ich mir für die nächsten Jährchen ein herrliches Bikerleben gönnen 😁
Genug geträumt. Zwischen den wertvollen Lärchen rolle ich durch die mystische Märchenlandschaft. Ja, pures Wallis, kein Hinweis auf Tschechien. Dann erreiche ich die Lawinenverbauung. Zu den grünen Föhren und den goldigen Lärchen gesellt sich gelbrot leuchtendes Gras. Herrlich, was für ein Anblick. Ich bin überwälltigt.
Und der Trail? Erste Sahne. Ich schlängle mich zwischen den riesigen Eisenkonstruktionen hindurch und geniesse jede Spitzkehre wo das Bike umgesetzt werden muss.
Ich muss es wieder mal erwähnen, die geilsten Trails erreicht man nur mit Bikeschleppen, fernab von Massentourismus und E-Bike-Strecken.

Ein paar Höhenmeter auf der Strasse vernichten? Oder doch lieber ins Abenteuerland eintauchen? Ich habe beim Recherchieren eine Suone entdeckt, aber nicht herausgefunden, ob diese begehbar ist.
Eine unscheinbare Wegspur ist sichtbar. Das wird getestet. Genial, eine alte Suone die kaum begangen wird. Immer wieder führt der Pfad über schmale Holzbretter. Fahrbar sind nur kleine Abschnitte. Hier zählt das Erlebnis.
Am Eingang zum Taleinschnitt würde der Pfad weiter führen. Ich möchte jedoch abwärts halten, runter zur Südrampe. Auch hier gibt es einen alten Weg. Steil abwärts geht es zwischen den Bäumen hindurch, bis ich auf einer Weide stehe. Hier ist keine Spur mehr zu sehen. Das Bike wieder hinauf zu schleppen ist keine Option. Ich fahre und laufe über den steilen Grashang, klettere über Zäune und bin erleichtert, als ich auf dem Touristenweg stehe.
Die Suone hat mich zwar fasziniert, werde sie aber das nächste Mal auslassen. Mit dem Bike lohnt sie sich nicht.

Jetzt ein paar Meter Südrampe und runter in den letzten Downhill. Der ist einfach immer herrlich.
Zurück zum Camping geht es mit dem Bike. Der Rhone entlang bis zum Pfynwald und über meinen Räubertrail.

Ein herrlicher Herbsttag, tolle Landschaften und eine super Trailabfahrt liegt hinter mir. Darum ist klar, Tschechische Hauptstadt, ich komme wieder.

Distanz: 458 km
Höhenmeter: 1’573 hm
Downhillmeter: 1’645 dm
Bahnunterstützung: Keine
Bike: Liteville 301 Mk14


Übernachtung: Camping Swissplage, Salgesch

2 Gedanken zu „Wallis oder Tschechien“

  1. Cool, hast du es doch noch in die tschechische enklave geschafft, nachdem du anfangs saison ja schweren herzen passen musstest. Die herbstliche stimmung hast mit deinen bildern fantastisch eingefangen, man fühlt den nebel förmlich, kompliment! Das timing mit dem selbstauslöser hast mittlerweile gut raus 8)

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