Felsentor

Auf in eine unbekannte Welt. Heute betreten Rolf und ich Neuland. Bei meinen Recherchen für mögliche Touren in der Gegend, ist mir ein besonderer Felsen aufgefallen, das sogenannte Felsentor. Das Ziel ist also schon definiert, ich möchte mit dem Bike in diesem Himmelstor stehen.

Die ersten Kilometer und Höhenmeter erfolgen auf der Julier-Passstrasse. Das Seitental ist recht unscheinbar. Die Autos brausen an der Verzweigung vorbei, Richtung Engadin. Wir zeigen dem Asphalt den Rücken. Schon nach ein paar Metern kommt das Bike auf die Schultern.
Nach dieser Stufe weitet sich das Tal, eine Hochebene breitet sich vor unseren Stollenreifen aus. Wunderschön … und das unweit von der Transitstrecke.

Geradeaus geht es über den gleichnamigen Pass, der ins Engadin führt. Das wäre sicher auch eine Tourenmöglichkeit. Wir biegen jedoch links ab, teils fahrend, teils schiebend.

Plötzlich ist auf der rechten Seite, etwas vom Weg entfernt, unser Felsen sichtbar. Man muss den offiziellen Pfad verlassen und der Wegspur folgen. Dann stehen wir im Felsentor. Wow, richtig cool.

Der Felsen ist ein Dolomitgestein. Dieses Gestein verwittert, Teilchen lösen sich ab und werden weggeschwemmt. Weil ein Stein nie völlig gleichmässig zusammengesetzt ist, verwittert er auch nicht überall gleich gut. Manchmal führt das zu spektakulären Gebilden wie diesem Himmelstor.
Das Felsentor oder Himmelstor wird auch „der Kuss“ genannt. Wohl deshalb, weil sich wie zwei Felsformationen gegenseitig anlehnen, oder eben küssen. Ich könnte den Felsen auch küssen. Es bildet wieder einer dieser magischen Orte, die ich so liebe.

Ich war der Meinung, dass wir mit dem Felsentor auch den Pass erreicht haben. Weit gefehlt, der nächste Anstieg ist in Sichtweite. Aber kein Problem. Die Landschaft ist genial, der Trail mit viel Muskelkraft sogar meist fahrbar.
Geschafft, Fuorcla digl Leget. Und ich bin überwältigt, wie schön die Natur sein kann. Für mich zeigt sich wieder klar, was für mich biken ist. Es ist nicht nur biken um gebiked zu sein, sondern ein Reisen. Eine Reise um die Natur, den Berggipfel, einen Pass oder magische Orte zu entdecken. Alles jedoch in der Hoffnung, als Krönung einen Hammertrail zu finden.

Rolf ahnt es, als er eine Wegspur entdeckt die Richtung Gipfel führt. Diesen besteigen wir natürlich. Hier oben entspringt sicher der Grappa. Sorry, habe das C mit dem G verwechselt 😉
Rundum Berge, unten im Oberhalbstein den Marmorera-Stausee, vor uns ein feiner, aber auch teils zickiger Trail runter zum Pass.

Beim Bergsee gönnen wir uns die verdiente Pause. Ein idealer Platz dafür. Ich bin echt überrascht ab der Bilderbuch-Landschaft. Genau so mag ich die Bergwelt. Viel Steine in verschiedenen Farben, zaghaftes Grün, Bergzacken und einen malerischen See in der Mulde.

Die Reise geht weiter. Über einen rutschigen aber fahrbaren Trail vernichten wir die ersten Höhenmeter. Bis zum Bachbeet ist alles im grünen Bereich. Dann wird es richtig knackig, mit teils unfahrbaren Stellen gespickt. Bei der Verzweigung entscheiden wir uns für den Höhenweg. Er soll uns mit möglichst wenig Mühen zum nächsten Sattel bringen. Aber nein, der Pfad würde sogar zum wandern keine Freude bereiten. Es ist eher ein Kuhpfad mit vielen Dreckslöchern und sumpfigen Stellen die umgangen werden müssen. Ein klassisches Beispiel, wenn die Wege nicht von der Kuhweide abgetrennt werden. Der Weg wird leider unbrauchbar.

Ich bin froh, als wir auf dem Sattel eintreffen. Aber was hat dieser mit Kanonen am Hut? Sind die alten Kanonen auf uns als Biker gereichtet? Eine Recherche im Netz bringt eine mögliche Erklärung. Die Namensgebung hat nichts mit kriegerischen Kanonen zu tun. Anscheinend waren früher Junge Skifahrer bis hier hochgestiegen und haben ein Skirennen bis ins Tal veranstaltet. Über diese sehr guten Skifahrer sagte man, sie fahren wie eine Kanone, was zum Namen Kanonensattel führte.

Vor uns liegt die Ebene der Alp Flix. Der Trail abwärts ist recht gut fahrbar und wird sogar mit berggängigen Pferden begangen. Naja, dann schon lieber mit dem Bike.

Wir haben gut Zeit für eine Einkehr im Restaurant auf der Alp.
Danach muss die gesamte Ebene durchquert werden. Vorbei geht es am Seelein, nochmals ganz wenige Höhenmeter aufwärts und dann in die Schlussabfahrt. Die Strecke runter nach Rona ist super und ein richtig tolles Finale.
Ok, Finale ist etwas übertrieben und bezieht sich nur auf die Abfahrt. Wir müssen zurück nach Bivio. Um nicht auf der Asphaltstrasse die gesamte Strecke hoch zu strampeln, folgen wir dem Bikeweg. Über die Kiesstrasse kommen einige Höhenmeter mehr auf das GPS. Dafür gibt es noch ein Trailstück nach Sur. Kurz vor dem Stausee gelangt man auf die Autostrasse, welcher wir bis Bivio folgen.

Zwei Tag in der Region Bivio liegen hinter uns. Zwei Tage unterwegs auf mir meist unbekannten Wegen. An beiden Tagen wurden wir von tollen Landschaften und super Trails überrascht. Aber nicht nur, auch unbrauchbare Wegabschnitte zählten dazu. Die Touren haben sicher Verbesserungspotenzial.

Danke Rolf fürs mitkommen. Es hat zusammen richtig Spass gemacht 😊

Distanz: 39.0 km
Höhenmeter: 1’798 hm (ca. 400 hm schieben/tragen)
Bahnunterstützung: Keine
Höchster Punkt: Crappa da Tocf, 2’860 m
Bike: Liteville 301 Mk14

6 Gedanken zu „Felsentor“

  1. Hoi Rotscher
    Wieder ein sehr schöner und inspirierender Bericht abseits der normalen Routen. Es ist immer spannend irgendeine spezielle Wegmarke auf der Karte zu suchen und dann dorthin zu fahren, laufen oder steigen. Bei dieser Gelegenheit ein grosses Dankeschön für deine Beiträge im 2020 und ein hoffentlich ebenso gutes 2021.
    Grüsse, Spoony

    Antworten
    • Hallo Spoony. Vielen Dank für deine Worte 🙂 … zumindest blogbeitragstechnisch ist das Jahr 2020 noch nicht abgeschlossen 😀 … Ich freue mich aber schon auf die kommende Saison, um wieder tolle Ort in unserer schönen Schweiz entdecken zu können.
      Wünsche dir alles Gute!

      Antworten
  2. Hallo Rotscher, super Fotos. Kannst du mir bitte die GPX Daten zukommen lassen. Wünsche dir einen guten Rutsch ins 2021, bleib gesund und weiter so tolle Einträge mit Fotos.
    Gruss
    Hanspeter

    Antworten
  3. Ein augenschmaus die gegend da oben, das felsentor hatte ich auch schon auf dem radar beim austüfteln von touren für meinen alljährliche engadintrip, da kommt mir dein beitrag wie gerufen 😉
    Mit solch kuhpfadwanderwegen hatte ich am carnusapass auch schon frustrierende bekanntschaft gemacht *grmp* aber sonst hättet ihr ja den kanonensattel nur mit einigen zusätzliche höhenmetern erreicht.

    Antworten

Danke für deinen Kommentar !