Supercomputer

Mein heutiges Ziel steht im Kanton Tessin. Der Supercomputer des Swiss National Supercomputing Centre ist seit 2013 in Betrieb. Im Jahr 2017, nach einem umfassenden Ausbau, wurde die Schweiz das Land mit dem drittschnellsten Supercomputer der Welt. Im Jahr 2018 waren wir damit auf Platz 5 zu finden.
Und was bitte ist die Gemeinsamkeit zu meiner heutigen Biketour? … 😉

Wie schon gestern, starte ich in Müstair, direkt vom Camping. Bei Sta.Maria ist der gemütliche Teil bereits vorbei. Schon im Aufstieg durch das Val Vau, spüre ich die gestrigen Strapazen. Trotzdem komme ich gut voran. Döss Radond, die Wasserscheide, trennt das Val Vau vom bekannte Val Mora. Das Hochtal ist ein echtes Schmuckstück und immer ein Besuch wert. Klar bin ich an diesem wunderschönen Ort nicht alleine unterwegs.
Für mich geht es nicht nach Italien wie für alle anderen Biker, sondern zur Alp Mora. Was jetzt folgt, ist zum vergessen. Die Bikepiste nach Jufplaun sollte man nur in die andere Richtung befahren. Das Bike schiebend, ärgere ich mich über diesen Fehlentscheid. Ein paar fahrende Meter vor meinem nächsten Aufstieg gibt es dennoch.

Bei einer kleinen Hütte treffe ich auf Jäger, die ihr Arbeitspensum bereits hinter sich haben und am Weissweinglas nippen. Der weitere Wegverlauf ist nicht zu erkennen. Freundlich zeigen sie mir, wo der Pfad durchführen sollte.
Schon hängt das Bike am PeakRider und meine Beine sind in Bewegung. Nach den ersten 300 Höhenmetern Bikeschleppen, erreiche ich den Bergrücken. Zwei ältere Wandersleute kommen mir entgegen. Wow, ich kann es nicht glauben. Es ist dasselbe Paar wie gestern auf dem Piz Terza. Die Freude ist gegenseitig gross, die Bewunderung ebenfalls. Es ist herrlich zu spüren, dass wir die gleiche Begeisterung für die Berge haben. Da spielt es absolut keine Rolle, ob man mit Wanderschuhen und Stöcken oder mit dem Bike unterwegs ist.

Die nächsten gut 300 Höhenmeter trennen mich vom Gipfel. Auf den letzten Metern kommt mir eine Frau fast auf allen Vieren entgegen. Sie setzt im Schotterhang einen Fuss vor den Anderen. Wenn das nur gut kommt. Ich komme mir vor wie im falschen Film. Eine Frau, die an diesem Berg vollkommen überfordert ist, und im Gegensatz dazu ich mit dem Bike auf den Schultern.
Geschafft, das Gipfelkreuz ist erreicht, die Pause mehr als verdient. Auch heute fehlen mir ein paar Meter bis zur 3’000er Grenze.
Ich plaudere noch etwas mit drei jungen Frauen, die das Gipfelglück mit den Wanderschuhen gesucht haben.

Ich geniesse die tolle Rundsicht auf die vielen Berggipfel und Täler. Während dem Verspeisen vom Sandwich, frage ich mich, wieso der Supercomputer den Namen von diesem Berg bekommen hat. Was hat die schnelle Technik mit einem beständigen Felsbrocken zu tun? Nicht mal örtlich passen sie zusammen. Ist vielleicht der pure Gegensatz der Grund dazu? Oder einfach Zufall?

Von dieser Schnelligkeit des Computers kann ich nur träumen. Ich fühle mich ziemlich ausgepowert. Das rächt sich in der Abfahrt. Der Hang ist steil und sehr rutschig. Meine Konzentration lässt zu wünschen übrig. Umso vorsichtiger und langsamer werden die Höhenmeter vernichtet. Der untere Teil vom Grat ist Spitzenklasse und lässt den Rest vergessen.
Auf der kleinen Ebene verlasse ich die Aufstiegsroute. Der nächste Abschnitt bringt mich zurück in die Realität. Sehr verblockt zeigt sich der Trail und zwingt mich wieder vom Bike. Ich bin froh, dass aus den Felsbrocken feiner Schotter wird und die Vegetation näher kommt. Endlich geht es flott voran. Entlang vom Il Jalet ist der Trail nochmals spektakulär. Dann folgt die Schlussabfahrt zum Ofenpass.

Die vielen Leute und Autos auf der Passhöhe sind ein krasser Gegensatz zur Ruhe und Einsamkeit auf dem Berggipfel. Ich bin schnell weg, der nächste Trail ist gefunden. Im rasanten Tempo fliege ich förmlich dem Val Müstair entgegen. In Tschierv hat das Trailglück ein Ende. Heute folge ich der Bikeroute zurück nach Müstair.

Mir hat der gestrige Gipfel mit seinen Trails ein bisschen besser gefallen. Vielleicht ist es auch nur, weil heute nicht mein bester Tag war. Wie auch immer, ein Gipfelerlebnis ist jederzeit super und lohnenswert.
Übrigens hat der Supercomputer auch ein Schwesterchen. Während meinen Recherchen für diesen Blogbeitrag, bin ich über die Namensbezeichnung gestolpert. Früher nannte man den Gipfel Piz d’Aint, was soviel wie „Innerer Gipfel“ heisst. Sein Schwesterchen nennt sich übrigens Piz d’Ora, oder auf Deutsch „Äusserer Gipfel“. Erst später wurde der Apostroph aus dem Namen gestrichen.
Und schon steht das nächste Projekt fest und nennt sich Äusserer Gipfel 😉 … ich komme also wieder ins Val Müstair.

Distanz: 44.8 km
Höhenmeter: 2’032 hm (ca. 640 hm tragen)
Bike: Liteville 301 Mk14

4 Gedanken zu „Supercomputer“

  1. Wieder ein Hochlicht!!! Wenn ich dich recht verstehe, würdest du das nächste Mal von der Alp Buffalora nach Jufplaun fahren statt über die Alp Mora. – Mache ich allenfalls nächstes Jahr mal. – Einmal mehr vielen Dank für deinen sehr inspirierenden Blog. – Sigi

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    • Ja genau, Start bei Buffalora. Und weil der Aufstieg so einiges kürzer ist, kann man auch Alpe del Gallo anhängen anstatt ganz zum Ofenpass runter. Dann über Val Mora und Val Vau zurück ins Münstertal.

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  2. Supertour zu supercomputer, bei mir wars grad umgekehrt, mir hat die binäre tour besser gefallen als die zu den schaibiettas, logisch, bin ja auch so ein IT-fuzzi *g* … ich kennen übrigends da so einen paarhufer der schon auf dem kleinen schwesterchen war und jemanden der da auch noch gerne hinauf möchte, aber dies wird ganz sicher kein spaziergang 😉

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    • Ja, der Gipfel mit seinen Steinwüsten und dem Grat ist hier eindeutig schöner. Beim Schaibiettas war jedoch mehr fahrbar. Aber wahrscheinlich hat es wirklich an meiner Verfassung gelegen 🙂
      Beim Schwesterchen habe ich natürlich auch an dich gedacht. Etwas Begleitung schadet nie 😉 … aber ist mir klar, es wird eine Wanderung und kein Spaziergang *hihihi*

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