Calanda

Der Name Calanda steht für ein ganzes Bergmassiv, aber auch für die bekannte Biermarke aus Graubünden. Der grosse Unterschied der Beiden ist, dass das Calandabier einem ausländischen Grosskonzern gehört, der Berg hingegen auf heimischem Bündner Boden steht.
Die Stange Calandabier hat jedoch viel mehr Gemeinsamkeiten mit dem Calandagipfel als wir denken. Meine heutige Tour ist dafür ein klarer Beweis.

Start ist der Glasboden meines Bierglases, oder anders gesagt der Talboden bei Haldenstein. Das Dorf liegt vor den Toren Churs und ist eher durch die, über ihm thronenden Ruinen sichtbar.  Dann folgt der Aufstieg durch den Hopfensaft. Auf der breiten Strasse mit gleichmässiger Steigung erklimme ich 1’500 Höhenmeter. Die Lärchen leuchten goldgelb, so wie mein Bier, einfach herrlich. Auf etwas mehr als 2’000 m.ü.M habe die Oberkante der leckeren Bierflüssigkeit erreicht, die Calandahütte. Aus dem kühlen Blonden wird jedoch nichts, die Hütte hat bereits geschlossen. Dieser Aufstieg ist bei Bikern recht beliebt. Nur ganz wenige wollen zusätzlich den Bierschaum erklimmen. Zwar ist der weisse Teil einiges weniger hoch als der Goldige, umso anstrengender ist jedoch der Aufstieg. Alles muss mit geschultertem Bike verdient werden. Alle mir entgegenkommenden Wanderer sprechen mich erstaunt an. Es entstehen ein paar sympathische Wortwechsel. Die beiden Damen können es kaum glauben, dass ich hier runterfahren werde. Schliesslich meint eine erleichtert; gut muss ich nicht zuschauen 😁
Die Schaumkrone ist erreicht. Zum nahen Gipfel durch die Felsen sind es nur noch ein paar Meter. Ich lasse mein Liteville zurück und klettere zum Gipfelkreuz hinüber. Toll diese Aussicht über dem Bierschaum, ein super 360 Grad Panorama. Für gute Bikeschlepper und versierte Fahrtechniker lohnen sich die zusätzlichen Höhenmeter alleweil. Der Schaum wird viel zu wenig geschätzt, ist er doch die Krone meiner Stange Bier.

Ich halte eine kleine Pause ab und geniesse den Berggipfel für mich alleine. Bald wird es jedoch kühl. Ein guter Grund, meine Stange Bier in vollen Zügen zu geniessen, so wie es sein muss, von oben nach unten, bis sich kein Tropfen mehr im Glas befindet.
Der Bierschaum entpuppt sich als ziemlich lecker. Von Flow auf dem Bergrücken bis zu sehr steilen Schotterpassagen, gibt es fast alles zu haben. Der Schaum zeigt seine vorzügliche, abwechslungsreiche und herausfordernde Seite.
Die Hütte ist wieder erreicht. Ohne Pause tauche ich ins eigentliche Bier ein. Schluck für Schluck sinkt der Flüssigkeitspegel im Glas. Der Gerstensaft ist recht süffig. Auf halber Höhe scheint mir die wärmende Sonne ins Gesicht, dass ich mich für eine Trinkpause entscheide. Ich liege im Gras uns döse gleich etwas ein.
Weiter geht es. Der Durst ist keineswegs gestillt. Vorbei an der Ruine erblicke ich bereits den Glasboden.
Leer.

Locker pedale ich zurück nach Chur. Meine Gedanken sind bei der Stange Bier. Ja, das Bier ist recht süffig, aber es gibt definitiv bessere. Irgend wie fehlt mir dabei die spezielle Trailnote. Fast durch das gesamte Getränk ist der Pfad mehr breit als schmal, etwas fad, die Herausforderungen fehlen. Mein Fazit; der Schaum schmeckt besser als das eigentliche Bier. Ist das wirklich so?
Beim Camping von Chur muss ich es testen. Die letzten Sonnenstrahlen beleuchten mein Gesicht, während ich an der Stange Calanda-Bier nippe. Lecker, aber hier schmeckt mir der leuchtend gelbe Saft plötzlich besser als der weisse Schaum. Was gibt es besseres als ein kühles Blondes als Tourabschluss 🍺

Eine gute Grafik sagt mehr als viele Worte. Da hätte ich mir den langen Text sparen können …

Gibt es sonst noch etwas zu erwähnen? Ja, mein Luftverlust im Hinterradreifen. Es ist so, wie wenn das Bierglas ein Loch im Boden hat. Das kennt ihr sicher.
Trotz etwas neuer Dichtmilch wollte das alte Loch, wo ich Anfang Saison einen fetten Nagel eingefangen habe, nicht ganz dicht werden. Über die ganze Saison hatte ich keine Probleme damit. Jetzt wo der Reifen fast ganz abgefahren ist, scheint der Dichtpfropfen auch sein Lebensende erreicht zu haben.
Auf der Tour musste ich dreimal nachpumpen. Zu Hause hat es dann für meinen treuen Begleiter neue Reifen gegeben. Die Schwalben liess ich fliegen, es gab bewährte und gute Maxxis.

Distanz: 35.9 km
Höhenmeter: 2’324 hm
Bike: Liteville 301 Mk14

4 Gedanken zu „Calanda“

  1. Hehe, der Rotscher, (k)ein schaumschläger oder die Trudi Gerster der biker? Geniale geschichte zum morgenkaffee mit einer hauchdünne crema, genau das richtige an so einem verregneten samstag, da kommt die sonne direkt zurück ins herz. Eine schöne tour die vor allem vom schaum lebt und von dem hat es zum glück hier genug, die servierdüse versteht ihr handwerk und hat das glas zu einem drittel mit dem lecker luftigen weiss gefüllt. Das bierglas ist jetzt leer, die luft raus, die saison zu ende und die einst stolze helvetische braukunst ins ausland verscherbelt. Aber alle die kleinen craft-brauereien lassen uns hoffen, dass es auch weiterhin leckeren gerstensaft mit viel schaum gibt und die neuen reifen hast du ja auch schon aufgezogen, einer erfolgreichen saison 2019 steht also nichts mehr im wege. Im dem sinne, schöne festtage und auf ein schaumiges neues jahr 😉

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    • Jaja, je weiter oben, je schöner, je besser … und auch im 2019 werden wir zusammen ein verdientes goldgelbes Säftchen mit Schaumkrone als Tourenabschluss geniessen 🙂 Bis bald wieder, der bikende Märlikollege …

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  2. Coole Fantasie Rotscher. übrigens neben Calanda gibt es auch das Halden-gut Bier (heute in Chur gebraut) und das Steiner Bier (seit 1489) = Haldenstein (Boden) Meine poetische Fragen zum Jahreswechsel:“ Sind das die Füsse / Fundament vom Calanda ? Was war zuerst ?

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    • Nebst Calanda und Haldengut wird auch das bei mir heimische Ittinger Klosterbräu in Chur gebraut und gehört zum internationalen Konzern. Im gleichen Bunde ist das Eichhof, welches aber im Luzernischen gebraut wird. Was man da so alles erfährt wenn die Internet-Suchmaschinen aktiviert werden 😉
      Das Steiner Bier ist Bayrisch, aber schon ein uralter Tropfen. Vielleicht waren die beiden Mönche aus Halden und Stein alte Freunde … sind sich auf einer Burg nahe Chur begegnet … haben das Haldenstein gegründet … weitergezogen … und sind erst noch Bierliebhaber. Einfach herrlich diese Wortspielereien und Fantasien. Danke Kurt dafür! 🙂

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