Jungu Plus

Es ist Freitagmorgen und die beiden Liteville 301 hängen am Haken vom Postautoanhänger. Toll, dass Sven mit seinem grünen Frosch mir und meinem rohen Diamanten Gesellschaft leistet. Die Fahrt ist kurzweilig, gibt es wie immer einiges zu erzählen.
Moosalp, Endstation. Na gut, für eine Cremeschnitte ist es etwas zu früh am Tag. Aber ein Kaffeebesuch muss sein.

Die Tour von der Moosalp nach Jungu habe ich schon einige Male unter die Räder genommen. Die Strecke ist immer wieder super schön.

Viele Worte möchte ich hier über diesen Streckenabschnitt nicht verlieren. Für mehr Infos gibt es andere Beiträge in diesem Blog. Eines muss jedoch bemerkt werden. Die Strecke verläuft durch sehr steile Hänge, die Trails sind schmal und teils ausgesetzt. Auch einige Höhenmeter Laufarbeit ist nötig. Es handelt sich hier also nicht um einen Flowtrail für weniger versierte BikerInnen.
Wer aber einer guten Fahrtechnik mächtig ist, wird mit einem genialen Abenteuer belohnt.

Jungen, oder eben auf Walliserdeutsch Jungu, ist erreicht. Die Häuser thronen auf einem Bergrücken mit fantastischer Aussicht über das Mattertal. Jene, die den Weg bis hierher geschafft haben, freuen sich über die anspruchsvolle Abfahrt hinunter nach St.Niklaus. Das haben Sven und ich jedoch nicht im Sinn. Jetzt gibt es unsere Plus-Schlaufe.

Der Blick schweift Richtung Zermatt, wo wir bereits unser Ziel erspähen können.
Der Pfad ist recht gut ausgebaut. Viele Teile davon können sogar fahrend bewältigt werden. Vor der Alp Jungtal ist es dann fertig, das Bike kommt auf die Schultern.

Hier gefällt es uns. Die Alp ist wunderschön in den Talkessel eingebettet, richtig Natur pur.
Nach der kleinen Pause geht es weiter. Bleibt der Weg so komfortabel? Wir suchen die Querung vom Bach. Und schon bald wird klar, jetzt geht es ins Abenteuer.
Ein paar Spitzkehren abwärts durch die knallig roten Heidelbeerbüsche sind knifflig und fantastisch zugleich. Dann gibt es ein paar Meter Suone, entlang der Sparruwasser. Der Trail ist abgerutscht, was uns zu Fussarbeit zwingt. Fahren und Laufen wechseln sich ab. Der Abhang ist hier ebenfalls sehr steil und der Weg wird kaum begangen. Dann geht es mit geschultertem Bike ein paar Höhenmeter aufwärts. Ein englischsprechendes Paar begegnet uns hier in der Wildnis. Sie können es kaum glauben, dass wir Fahrräder dabei haben. Gerne posieren wir für ein Erinnerungsfoto. Jetzt werden wir wohl noch zu bekannten Stars auf der britischen Insel 😁

Langsam kommen wir aus dem Tal hinaus und erreichen den magischen Punkt, wo sich der wilde Pfad mit der bevorstehenden Abfahrt trennen. Unter uns sind ein paar Häuser auszumachen. Wir sind voll im Element und versuchen den Trail fahrend zu bezwingen, was recht gut gelingt. Nach der fahrtechnischen Herausforderung stehen wir bei den ersten Häusern von Sparru (Sparren). Fantastisch! Auch diese Alp thront wie Jungu auf einem Bergrücken. Die Lage ist nicht weniger schön und haut uns fast aus den Bikesocken.

Dieser steile Hang von der Moosalp über Embd, Jungu bis Sparru gefällt mir einfach mega. Es ist ein herrlicher Fleck Wallis.

Wir schalten eine verdiente Pause ein und geniessen die Umgebung, die Berge, die Aussicht, die Sonne …
Beim obersten Haus hat uns ein Walliser etwas verärgert nachgerufen. Wohl fühlte er sich von uns beiden Bikern gestört in seiner Ruhe, oder hatte schon ein Glas Weisswein zu viel intus. Wir lassen uns nicht ablenken und surfen über die Wiesen und durch die Häuser von Sparru. Beim untersten Teil der Alp treffen wir wieder auf Einheimische. Die tolle und freundliche Plauderei entschädigt für den sturen Bock auf seinem Hochsitz. Hier wird uns ein Haus mit viel Umschwung und HotPot zum Kauf angeboten. Ja, die Frau wäre inklusive 😎😁 … wir krümmen uns vor lachen. Das sind einfach herrliche Momente.

Aller Abschied fällt schwer. Zu diesem Örtchen kehre ich bestimmt wieder zurück.
Die Stunde der Wahrheit hat geschlagen. Auf diese Abfahrt habe ich mich schon sehr lange gefreut. Auf der Karte ist eine enge Zickzack-Linie in der Falllinie gezeichnet. Nichts wie los ins Ungewisse.

Ich habe mich auf die schlimmsten Szenarien eingestellt, einer brutalen fahrtechnischen Herausforderung. Dann düsen wir durch die Kehren und vernichten im Schnellzugstempo die Höhenmeter. Der Pfad ist super ausgebaut, ist zwar steil, bietet aber viel Flow und keine wirklichen Knacknüsse.
Erstaunlich was wir hier antreffen, jeder Meter wird genossen. Im untersten Teil der gesamten Abfahrt trifft man auf die Strecke, die von Jungu kommt. Vorbei an den letzten Kapellen rollen unsere Bike in St.Niklaus ein.

Der Rest ist wieder altbekannt. Über viele Trails schweben wir Stalden entgegen, folgen dem Planetenweg und lassen es vor Visp ausrollen.

Beim obligaten Abschlussbierchen sind wir uns einig, das war ein Hammertag mit viel überraschenden Neuentdeckungen.
Cool Sven, dass wir das zusammen erleben durften!

Distanz: 34.8 km
Höhenmeter: 947 hm
Downhillmeter: 2’259 dm
Bike: Liteville 301 Mk14

 

5 Gedanken zu „Jungu Plus“

  1. Immer ein Hochgenuss deine Touren zu sehen. Ist es möglich mir den GPX zu senden, ich möchte diese Tour nächstes Jahr unter die Räder nehmen.
    Nanzlicke bin ich übrigens gefahren, da hast du mir ebenfalls den GPX dazu gegeben, war eine super Tour! Auch der Aufstieg war gut zu bewältigen.
    Herzlichen Dank und weiterhin viel Spass auf dem Bike

    Lg Erika

    Antworten
  2. Die plus-schlaufe war genial, ein herbsttag schöner er nicht sein hätte können … aber wir hätten das angebot annehmen sollen, wo gibts sonst schon einen rabatt auf den hauspreis, wenn man die frau gleich dazu nimmt LOL

    Antworten
  3. Hallo Rotscher, wir sind im Moment in Täsch in den Ferien und schauen uns die Tour Zermatt-Jungu-Moosalp-Visp an.
    Frage: Ist diese Richtung o.k. oder sollte man die Tour gegengesetzt fahren? Wo würde die Tour dann am besten starten?
    Über Infos würde ich freuen.
    Danke und Gruss
    Hampi

    Antworten
    • Ich habe die Tour schon in beide Richtungen gefahren. Beides ist möglich. Ich persönlich würde jedoch die andere Richtung bevorzugen. Also mit dem Postauto von Visp auf die Moosalp, dann via Läger nach Jungu. Dies vor allem wegen der tollen Abfahrt von Jungu nach St.Niklaus. Am Schluss der Bikestrecke folgen zurück nach Visp.
      Die Gegenrichtung habe ich auch von Zermatt aus gemacht. Von der Moosalp dann quer über die gesamte Augstbordregion nach Gampel. So macht es natürlich auch Sinn.

      Antworten

Schreibe eine Antwort zu ROTSCHERAntwort abbrechen