Breites Horn

Die Besteigung von diesem Horn zählt nicht zu den richtigen Bikebergsteigertouren. Wer knappe 2’000 Höhenmeter aus eigener Kraft absolvieren kann, schafft diesen Gipfel fast fahrend.

Grengiols (Grängelsch auf Walliserdeutsch) ist eher ein unbekanntes, aber schmuckes Dorf zwischen Brig und Fiesch. Es ist mein Startort. Gleich durch das Dorf muss ich die erste steile Rampe bezwingen. Dann wird die Strasse angenehmer, bevor ich auf den bekiesten Alpweg abbiege. Der Aufstieg führt mich in der ersten Hälfte durch den Wald. Im oberen Teil brennt die Sonne erbarmungslos auf meinen Helm.
Der Aufstieg ist endlos, wirklich endlos, eher von der brutalen Sorte. Vom Dorf bis zum Pass geht es konstant, fast gleichmässig aufwärts, ohne Abwechslung. Auf dieser Strecke verläuft auch der Stoneman. Kein Wunder treffe ich eine Gruppe Biker.

Oben auf dem Pass verweilt eine Bikerin, mit welcher ich einige Worte austausche. Da stelle ich fest, dass ich meine Bikehandschuhe verloren habe. Ich habe sie nur in den Hüftgurt vom Rucksack geklemmt. Die paar Höhenmeter gönne ich mir noch. Ich düse abwärts und treffe wieder auf die Bikergruppe. Sie haben meine Handschuhe mitgenommen. Genial. Wir fahren plaudernd wieder hoch.

Hier auf dem Pass stempeln die Stoneman-Teilnehmer ab. Sie düsen auf der Kiessstrasse runter ins Binntal. Die meisten Biker fahren vom Binntal hoch und schlagen den Weg über den Saflisch ein. Meine Variante wählt kaum ein Biker.

Bis auf das breite Horn sind es nur wenige Höhenmeter. Der Abstecher lohnt sich. Der Blick ins Tal ist super.
Für mich ist Pausenzeit, wie immer auf einem Gipfel.

Der Pfad ist teilweise kaum zu sehen. Dafür sind die Edelweisse unübersehbar. Wow, so viele dieser seltenen Alpenschönheit habe ich noch nie auf einem Fleck gesehen.

Dann biege ich ab. Entlang der Bergflanke führt mich der sehr schmale Pfad auf den Bergrücken. Der Trail bleibt sehr schmal, der Blick ins Binntal herrlich und das Gefälle ordentlich steil. Teilweise ist der Weg ein tiefer Graben. Ich trickse mich hindurch, um nicht mit den Pedalen hängen zu bleiben. Schwups, und schon stecke ich fest. An einer Stelle ist kein Durchkommen.
Ein paar Spitzkehren, dann fliegen ich über die Wiesen, vorbei an einer Alp. Dieser Trail ist für mich echt super.
Es folgt nochmals eine kleine Alp. Ich kurve durch die braungebrannten Häuser. Eine Walliserin aus Grengiols geniesst hier die Ruhe. In solchen Momenten ein paar Worte zu wechseln gehört zu einer Biketour. Manchmal erfährt man richtig interessante Sachen, oder die Leute haben uns Biker einfach positiv in Erinnerung.

Der Weg wird immer flowiger. Rasant bin ich beim Stausee in der Nähe von Binn.

Herrlich, so eine Abfahrt ist die Krönung aller Strapazen vom Aufstieg. Sowieso wenn sie abseits der grossen Bikerströme verläuft.

Die Tour ist fast geschafft. Jetzt folgt der Genussteil. Entlang vom Kulturweg rolle ich durch das Tal. Auf dieser Strecke verläuft ebenfalls die offizielle Veloroute. Unten an der Römerbrücke treffe ich noch zwei Frauen. Sie sind mehrere Tage mit dem Velo unterwegs. Dann kreuze ich mit einer holländischen Familie mit E-Bikes und Kinderanhängern. Sie sind unterwegs quer durch die Schweiz. Einfach super, Veloferien.

Zurück in Grengiols nehme ich mitten im Dorf platz und geniesse das verdiente Abschlussbierchen. Es herrscht emsiges Treiben, steht doch der Nationalfeiertag vor der Tür.
Herrlich war es heute. Diese Region hat einiges zu bieten, nicht nur den in Bikerkreisen sehr bekannte Saflischpass.

Distanz: 34.9 km
Fahrzeit: 4:07 h
Höhenmeter: 1’916 hm
Bike: Liteville 301 Mk14

 

6 Gedanken zu „Breites Horn“

  1. Weil du diese Tour so plastisch schilderst und mit super Photos noch untermalst, weckt das Erinnerungen an meinen diesjährigen 2monatigen Bike-Urlaub auf dem Zeltplatz von Brig. Ganz in der Nähe war ich: von Binn auf die Äbnimatt und weiter über Stock und Stein hinunter nach Ernen. Bald geht es wieder nach Thailand, wo ich auch wohne. Nächsten Sommer werde ich diese deine Variante kopieren.Geht fast nicht anders, überhaupt kommen all deine veröffentlichen Touren sehr „aamächelig“ daher. Hab‘ Dank.

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    • Hallo Simon. Danke für den Kommentar. Es freut mich, dass die Touren inspirieren und zur Nachahmung animieren. Dir wünsche ich jetzt eine ganz gute Zeit an der Wärme 🙂 Für mich hoffe ich, vor dem Winter noch etwas den baldigen Walliser Herbst geniessen zu können …

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  2. Frage: wie schafft man 1.900 Hm ?! Das ist für mich eine irre Zahl. Darum für diese Leistung allerhöchsten Respekt. Schöne Touren mit tollen Trails fährst Du ja immer. Daher ist Dir mein Applaus sowieso sicher.

    Ich muss nun mind. bis Juli warten, bis ich wieder in die Schweiz komme.

    Der Michi

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    • Hallo Michi. Zugegeben, ich sitze viel auf dem Bike 😉 Da sammeln sich einige km und hm an, was eine ordentliche Kondition zur Folge hat.
      Aber jedes Jahr ist es mein Ziel, dass ich so fit bin, dass 2’000 hm gut machbar sind, ohne dass man mich danach in die Intensivstation einliefern muss 🙂
      Liebe Grüsse aus der Schweiz!

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  3. 2.000 HM schaffe ich nur bergab Respekt nochmals.

    Ich lese jeden Bericht von Dir und versuche immer, die Touren in der Topokarte nachzuvollziehen. Deine Touren sind immer interessant, abwechslungsreich und trotz der vielen HM inspirierend. Also bitte nicht aufhören

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